Der Kastanienflüsterer
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Der Kastanienflüsterer

Johann „Hans“ Laimer kennt die Geheimnisse der Edelkastanie so gut wie kein anderer...

Er betreibt in Burgstall eine Kastanienbaumschule. Ein Porträt eines Kastanienexperten:

Der Nebel hängt tief an diesem Maitag. Es nieselt. Mit Gummistiefeln ausgestattet ist Johann Laimer auch heute beim „Bäumemachen“ im Freien: Der 46-Jährige züchtet Kastanienbäume. Hier, auf 600 Metern oberhalb von Burgstall, würde man an klaren Tagen bis nach Meran und Bozen sehen, heute ist alles in einen milchigen Schleier gehüllt. „Besser so, als wenn es nicht regnet“, sagt der Landwirt und lächelt. Jede Kastanie kommt in einen 20 Zentimeter breiten Topf. So produziert Laimer die Unterlage für die Veredelung, bei der dann im Sommer die gewünschte Sorte auf die Unterlage aufgepfropft wird. „Würde man sie nicht veredeln, würde aus dem Sämling einfach irgendeine Sorte wachsen“, erklärt der Experte.

Mit dem biologischen Anbau und Verkauf von Kastanien hat Laimer 1999 begonnen. Heute stehen hier auf drei Hektar Grund über 200 Kastanienbäume neben einigen Weinreben. 2009 hat der Bauer die erste Kastanienbaumschule Südtirols gegründet und sich darauf spezialisiert, zertifizierte Kastanienbäume zu produzieren.
Gelbe, süße Nussfrüchte
Angefangen hat alles vor 16 Jahren auf dem Hof, den Laimer 1997 von seinem Vater übernommen hat. Damals betrieb er noch mit seinen Eltern einen Buschenschank und jedes Jahr zur Törggelezeit brauchte es Kastanien. So kam er auf die Idee, auf dem Hang hinter dem Haus seine eigenen Kastanienbäume zu pflanzen. Das Törggelen ist ein alter Südtiroler Brauch – ein Abend mit Freunden, Südtiroler Köstlichkeiten wie Gerstensuppe, Schlutzkrapfen oder Knödel, dazu ein guter neuer Wein und als krönender Abschluss frisch gebratene Kastanien. Der Name kommt von „Torggl“, wie die Weinpresse in Südtirol genannt wird. Früher zog man nach der Weinlese von Torggl zu Torggl; daraus entwickelte sich das Törggelen.
Laimer wollte dieses Stück Südtiroler Kultur erhalten. Mit der Zeit wuchs seine Leidenschaft für die imposanten Laubbäume immer mehr. Einen Teil seiner Bäume, insgesamt drei verschiedene Sorten, verkauft er heute in ganz Südtirol und darüber hinaus nach Deutschland oder Österreich.

Sein Liebling ist die „Südtiroler Gelbe“, wie er sie nennt. „Eine Sorte mit schönen, hellbraunen, süßen und großen Kastanien.
Solche, die hier im Herbst gebraten werden.“ Dann wachsen hier noch die französisch-japanische Kreuzung „Bouche de Betizac“ und die Sorte H2, die Laimer selbst gezüchtet hat. Ein reiner Befruchter. „Damit ein Kastanienbaum Früchte trägt, müssen mindestens zwei verschiedene Kastaniensorten nebeneinander stehen“, erklärt Laimer, der alle Geheimnisse der Kastanie bestens kennt. Schließlich pflanzt er pro Jahr rund 5.000 Bäume für die Baumschule und erntet für den Verkauf pro Saison rund 4.000 Kilogramm Kastanien.
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„Keschtn aufklauben“
Anfang Oktober, wenn die flachen, fast herzförmigen Nüsse in ihrer stacheligen Schale reif sind und vom Baum fallen, beginnt
die Ernte, bei der die ganze Familie mithilft. Auch die Kinder, – Nadia, acht, und Andreas, fünf, helfen „Keschtn aufklauben“, denn alle Abläufe geschehen noch in Handarbeit. Mit der Maschine ginge die Ernte zwar schneller, aber die Qualität der Kastanien würde darunter leiden – und das kommt für Laimer nicht in Frage. Um die Kastanien haltbarer zu machen, gibt er sie vor dem Verkauf für sechs Tage in ein Wasserbad.

Von Mitte Oktober bis Mitte November brät der Familienvater jeden Tag vor dem Tourismusbüro seine Kastanien, ab Ende November steht sein Kastanienbratstand dann an den Adventswochenenden auf dem Sterntalermarkt in Lana. Die modernen
Bratgeräte interessieren Laimer nicht, er bleibt bei seiner guten alten Kastanienpfanne mit den Löchern im Boden und dem offenen Feuer darunter. Vor dem Braten ritzt er jede Kastanie einzeln mit einem scharfen Taschenmesser ein, „sonst würden sie platzen.“ Der Experte isst seine Kastanien am liebsten mit etwas Butter und „an Glasl Wein“. Und als Nachtisch gibt es dann süße Krapfen mit Kastanienfüllung oder die berühmten Südtiroler Schoko-Kastanien-Herzen.

Tipp

Kastanien halten sich rund drei Wochen. Damit Kastanien länger genießbar sind, empfiehlt Laimer, sie direkt einzufrieren. Will man sie braten oder kochen, gibt man sie noch gefroren in die heiße Pfanne oder in den Topf mit kochendem Wasser. So bleibt die Qualität am besten erhalten.
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