Brot und die Bedeutung von Zeit
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Brot und die Bedeutung von Zeit

Ein Interview mit Johannes von der Bäckereifamilie Schmidt

Nach einer langen, arbeitsamen Nacht, umgeben von Mehl und Düften, wie sie nur ein Backofen verströmen kann, nimmt sich Johannes Schmidt Zeit, mit uns zu plaudern. Wofür er steht und was er uns mit Begeisterung und Leidenschaft erzählt, ist eine Geschichte über die Zeit: die Zeit, die dem Teig zugestanden wird, um sich zu entwickeln; die Zeit, mit der die Familie Schmidt durch die Arbeit von sechs Bäckereigenerationen heute da steht, wo sie steht. Die Geschichte beginnt mit einem Vorfahren, der um 1890 vom deutschen Augsburg nach Lana kam und dort die erste nach ihm benannte Bäckerei eröffnete. Jener Handwerksbetrieb, dessen Mühlen damals mit dem Wasser aus dem nahegelegenen Bach angetrieben wurden, hat sich zur Bäckerei Schmiedl entwickelt. Über Jahrzehnte hinweg ist sie gewachsen und größer geworden – zurzeit arbeiten im Betrieb neben Johannes sein Vater Hans und seine Geschwister Greta und Tobias und holen täglich bestes Brot aus dem Ofen.
Johannes, gehen wir sogleich in medias res: Welche Bedeutung hat Brot für Sie?
Brot ist wohl das Lebensmittel mit dem größten symbolischen Wert. Schon in der Bibel sind Bedeutung und Wichtigkeit für die Menschheit zentral. In den letzten Jahren scheint es jedoch ein wenig von seinem „Charme“ verloren zu haben, denn für viele Menschen gilt es beispielsweise als Dickmacher. Deshalb ist es für uns so wichtig, dem Brot wieder den Wert zu verleihen, den es verdient, indem wir ausgewählte Brotsorten mit speziellen Besonderheiten backen. Am Ende ist es immer eine Frage der Zeit: Wenn wir uns auf einige Sorten konzentrieren, können wir jedem Brotlaib den Raum und die Zeit widmen, die er verdient.

Wie wichtig ist Ihnen die Familie, gegenwärtig und in Vergangenheit?
Wir Kinder sind mit der Bäckerei aufgewachsen, umgeben von Brot, mit diesem speziellen Geruch in der Nase. Unser Vater kehrte von der Arbeit stets mit dem Gewand voller Mehl zurück und wir hatten zu Hause immer frisches Brot. Als wir dann größer wurden, haben wir verstanden, dass es neben diesen schwärmerischen Kindheitserinnerungen auch Verantwortung und immer wieder neue Herausforderungen und Möglichkeiten gibt. Nachdem wir Kinder nach unterschiedlichen Ausbildungswegen nach Hause zurückgekehrt sind und nun Seite an Seite arbeiten, ist das Unternehmen gewachsen, auch was die Anzahl der Mitarbeiter betrifft. Deshalb ist es uns sehr wichtig, unsere Beziehung zu allen im Betrieb so zu halten und zu pflegen, als wären wir eine große Familie.
Geschäfte
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Boutiquen, Tante-Emma-Läden und Geschäfte in Lana
Welche Beziehung haben Sie zu Ihrem Dorf Lana und dessen Umgebung?
Zu unserem Ursprung haben wir eine sehr gute Beziehung. Wir möchten regional bleiben, unser Mutterhaus steht in Lana, deshalb reicht unser Aktionsradius von Naturns bis Bozen. Wir versuchen stets die lokale Bevölkerung in unsere Initiativen einzubeziehen, und mit ehrenamtlichen Vereinen zusammenzuarbeiten. Auch kooperieren wir mit dem Tourismusverein Lana und Umgebung und haben beispielsweise ein typisch weihnachtliches Gebäck entwickelt: den Apfelzelten. Für alle unsere Backwaren mit Äpfeln beziehen wir die Äpfel direkt von der örtlichen Obstgenossenschaft und können so die von uns bevorzugten Früchte in unserer Backstube auswählen, schälen und verarbeiten. Diese Region ist mit seinen wundervollen Rohstoffen eine große Inspiration für uns.

Sie waren jedoch auch auswärts unterwegs ...
Stimmt. Mir gefällt das Reisen sehr und nach meinem Studium bin ich ein Jahr lang um die Welt gefahren. Neue Orte zu sehen und zu verstehen, wie die Menschen dort essen und leben, hat mir die Augen geöffnet. In jedem Land habe ich mir jeweils die landestypischen Brotspezialitäten angesehen und ich denke, dieses Wissen beeinflusst heute zu einem großen Teil meine Arbeit.
Forschung und Experiment scheinen wichtige Elemente Ihrer Arbeit zu sein.
Seit 2013 setzen wir in der Produktion auf einen langen Reife- und Gärvorgang, was drei Vorteile hat: Verdaulichkeit, Geschmack und Haltbarkeit. Erneut ist es eine Frage der Zeit, am Ende kommt man immer wieder zu diesem Punkt zurück. In letzter Zeit arbeiten wir bevorzugt mit „lievito madre“ (italienischer Sauerteig), den wir mit Hingabe und Achtsamkeit hegen und pflegen. So hält unser Brot länger und ich denke, dass dies heute auch hinsichtlich der Nachhaltigkeit ein sehr wertvoller Grundsatz ist.

Eine letzte Frage: Was ist Ihr Lieblingsbrot?
Zurzeit mag ich das Baguette sehr gerne, das natürlich Zeit und Geduld – 72 Stunden Reifezeit – benötigt, um seine maximale Perfektion zu erreichen: außen knusprig und innen duftend weich.
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