Am nordwestlichen Ende des Rennwegs, wo die Meraner Altstadt beginnt, erhebt sich das Vinschgauer Tor, im Südtiroler Dialekt „Vinschger Tor“ genannt – das westliche der drei erhaltenen mittelalterlichen Stadttore Merans. Im Jahr 1290 erstmals urkundlich erwähnt gilt es als das älteste der Tore. Seinen Namen verdankt es der Ausrichtung in Richtung Vinschgau, dem langgestreckten Tal entlang der Via Claudia Augusta, die über den Reschenpass nach Norden führt. Das Tor wurde im 16. Jahrhundert umfassend saniert und präsentiert sich heute als massiver Turm mit spitzem Schindeldach. Über dem Hauptbogen befinden sich zwei Stockwerke mit jeweils vier Fenstern, die von hölzernen Läden flankiert werden. Die westliche Fassade ziert ein Fresko mit den Wappen von Österreich und der Grafschaft Tirol – ein Hinweis auf die historische Zugehörigkeit Merans zum Habsburgerreich. Im Laufe der Jahrhunderte diente das Vinschgauer Tor nicht nur als Stadteingang, sondern auch als Gefängnis und Ort der Schuldnerhaft. Im 20. Jahrhundert stand das Bauwerk mehrmals vor dem Abriss, da es als Verkehrshindernis galt. Dank des Einsatzes von Heimatschutzvereinen und engagierter Bürger konnte das Tor erhalten bleiben. 1912 wurde die Tordurchfahrt vergrößert, 1913 und 1968 kamen seitliche Fußgängerdurchgänge hinzu – eine Lösung, die den historischen Bestand bewahrte und gleichzeitig modernen Bedürfnissen gerecht wurde. Direkt neben dem Tor befindet sich das Kapuzinerkloster mit der gleichnamigen Kirche, die 1617 eingeweiht wurde. Die Kirche ist mit schlichten, typischen "Kapuziner-Altären" aus dem und 19. Jahrhundert ausgestattet und bildet zusammen mit dem Tor ein eindrucksvolles Ensemble historischer Baukunst. Heute ist das Vinschgauer Tor nicht nur ein architektonisches Denkmal, sondern ein lebendiger Teil des Stadtbilds. Es markiert den Beginn des zentralen Rennwegs, auf welchem einst ritterliche Turniere stattfanden – heute von historischen Häusern mit kunstvollen Erkern, Boutiquen und Cafés gesäumt. Ein Besuch des Vinschgauer Tors bietet spannende Einblicke in die Geschichte Merans und öffnet als stilles und doch beredtes Zeitzeugnis das Tor zu einer der schönsten Altstädte Südtirols.