Wo Bier Frauensache ist
zurück

Wo Bier Frauensache ist

Von Biermacherinnen, einer von Frauen geprägten Bierdynastie und einer Sommelière mit ansteckender Leidenschaft für Hopfen und Malz.

Wenn die Chefin ihre Biere aus dem Keller holt, dann ist das eine Gelegenheit, die man nutzen sollte. Ein gutes Dutzend Flaschen hat Katrin Schrott auf einem alten Holztisch aufgebaut, von untersetzt und bauchig bis hoch und stramm, mit geometrisch-bunten und gestreiften Etiketten bis hin zu jenen mit tierischen Motiven. Gekonnt schenkt Katrin die erste Flasche in elegante Stielgläser ein: unten bauchig, nach oben hin schräg zusammenlaufend, mit einer Art Krause als Abschluss. „Zertifizierte Bierverkostungsgläser, die wurden in Italien entwickelt“, klärt uns die junge, zierliche Gastwirtin auf, während sie das letzte Glas mit einem belgischen Fruchtbier füllt.

Wie kostet man ein Bier richtig?“, fragt die Sommelière in die Runde und beantwortet die Frage gleich selbst: „Man schwenkt es nie, denn sonst entweicht die Kohlensäure und dann ist der Geschmack verfälscht“, unterbricht die Hausherrin die Kommentare und hält das kirschrote Getränk mit seiner schaumigen Krone schräg vor sich ins Licht. Nur seitlich drehen dürfen ihre Gäste die Gläser, um das Spitzendeckchen zu inspizieren, so wird der Bierschaum genannt, der am Glas kleben bleibt.

„Bier hat kein Geschlecht“, meint die Biersommelière. „Es hatte nur lange ein sehr männliches Image. Wahrscheinlich auch, weil gerade die größeren Brauereien viel Pils und helles Bier produzieren, und das sind Stile, die Frauen oft nicht so zusagen.“ Doch Katrin hat seit ihrem professionellen Einstieg in die Bierwelt bereits genug erlebt, um zu wissen: „Für jeden Geschmack gibt es ein Bier. Wer sagt, sie oder er mag kein Bier, hat nur noch nicht das richtige für sich gefunden.“ Die Chance, es in Italien oder in dessen nördlichster Provinz zu finden, wird immer größer. Obwohl der Stiefelstaat weit bekannter für seine Weine ist, bietet die Bierwelt hierzulande eine mindestens ebenso spannende Vielfalt und Qualität – mit einer bunten und ständig wachsenden Craft-Bier-Szene. Das spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass Italien neben den USA das einzige Land der Welt ist, in dem die handwerkliche Herstellung von Bier mit einem eigenen Gesetz geregelt ist. Auch in Südtirol gibt es mittlerweile 15 Wirtshausbrauereien.

Frauen und Bier sind vor allem in Meran und Umgebung ohnehin schon lange ein starkes Gespann. Der beste Beweis dafür: die Algunder Forst AG, mit rund 200 Millionen Euro Umsatz eines der großen Südtiroler Familienunternehmen und unangefochtener Marktführer auf Südtirols Biermarkt. Seit fünf Generationen spielen Frauen in dem markanten Brauereikomplex im Algunder Ortsteil Forst eine prägende Rolle. Seit fünf Generationen spielen Frauen in dem markanten Brauereikomplex im Algunder Ortsteil Forst eine prägende Rolle.
Von wegen typisches Männergetränk! Bier ist weit raffinierter – und weiblicher – als sein Ruf. Erst recht in Meran und Umgebung.
Frauen haben aber nicht nur in Algund bereits historisch einen engen Bezug zu Bier. „Auf Südtirols Höfen war das Brauen immer eine Frauendomäne, der Braukessel war eine traditionelle Mitgift“, erzählt Brigitte Zöschg. Das am eigenen Hof gebraute Bier wurde dann gemeinsam mit anderen Frauen verkostet. „Sozusagen die Vorläufer der späteren Kaffeekränzchen“, lacht Brigittes Nichte Andrea Armellini. Wir sitzen am Stammtisch des Mooshofs in St. Walburg in Ulten. Das ist das Reich der Biermacherinnen. Eine lange weiß-pinke Fahne mit den gezeichneten Konterfeis von Brigitte und Andrea kündigt es an. „Von Frauenhand gebraut“ lautet das Versprechen auf dem Logo der Mikrobrauerei. „Da ist mein Gesicht drauf – mehr hinter einem Produkt stehen als so geht wohl nicht“, sagt Andrea Armellini.

Die knapp 1,90 Meter große Lanaerin ist Südtirols einzige Bierbraumeisterin, ausgebildet im Bier-Mekka München. Da sie den Kurs aber nicht allein besuchen wollte, ging Tante Brigitte kurzerhand mit. Das Ergebnis dieses gemeinsamen Abenteuers kann auf der Getränkekarte des Mooshofs bewundert werden. Neun Biersorten gibt es darauf aktuell zur Auswahl, mehrheitlich Vollbiere, aber auch ein Schwarzbier, ein Pale Ale oder ein Ale. Dazu kommen zwei Saisonbiere – eines davon wird mit dem Ultner Berghopfen gebraut, der sich am Mooshof auf Drahtseilen rankt –, ein Zirbenbier und ein Weihnachtsbier. Kreativ und zuweilen emotional sind die Biermacherinnen auch bei der Namensgebung: Das „Tussi-Hibis-Kuss“ ist ein leichtes Sommerbier, für das Hibiskusblüten mit einer Ale-Hefe vergoren werden, der „Rauchige Opa“ ist hingegen ein würziges Rauchbier, für das Malz direkt über Feuer geräuchert wird. 

Seit 2020 bewirtschaften sie und ihr Mann Günther Hofer die Hofschenke in Ulten; begonnen haben die Biermacherinnen noch auf ihrem früheren Hof in Flaas bei Jenesien. Ganz ohne Männerhände wird das Bier hier aber nicht gebraut. Schließlich ist Andrea Armellini an Wochentagen voll als Braumeisterin in der Lanaer Hausbrauerei Pfefferlechner eingespannt. Umso willkommener ist Günther beim Brauen und händischen Abfüllen der monatlich rund 1.800 0,33-Liter-Flaschen im Keller des Mooshofes. Bei der Entwicklung neuer Ideen und Rezepturen ist dagegen volle weibliche Kreativität am Werk.

Lust auf Südtiroler Bier?

Das Angebot an Südtiroler Bieren wächst jährlich – ob aus Frauenhand oder auch von männlichen Braumeistern. Ein kleiner Überblick für Bierliebhaberinnen und -liebhaber.

Braugarten Forst: www.braugartenforst.com
Pur Südtirol: www.pursuedtirol.com
Meraner Weinhaus: www.meranerweinhaus.com
Huamet: www.huamet.eu
Brauerei Pfefferlechner: www.freedl.it
Hofbrauerei Hubenbauer: www.istdasdeinernst.com