„Es ist, wie es ist“ - wie man am Finailhof das Leben nimmt

„Es ist, wie es ist“ - wie man am Finailhof das Leben nimmt

Wessen Auto sich die steile Straße nach oben windet, dessen Blicke werden gewiss erst mal ganz vom Türkis des Sees am Talboden eingenommen und vom leuchtenden Lärchengrün am steil abfallenden Hang.

Wessen Auto sich die steile Straße nach oben windet, dessen Blicke werden gewiss erst mal ganz vom Türkis des Sees am Talboden eingenommen und vom leuchtenden Lärchengrün am steil abfallenden Hang. Erst oben angekommen bemerkt jener dann das stattliche Gehöft samt Stallung, mit von der Sonne geschwärztem und von Wettern gezeichnetem Gebälk. Zicklein meckern herbei, begrüßen den Besucher - an Hosenbeinen knabbernd – und stupsen den Neuankömmling sanft Richtung Eingang. Dort stehen Tische und Bänke in der Sonne, bereit, müdegewanderten Beinen Rast zu schenken. Und Ausblick. Direkt gegenüber des Finailhofs erhebt sich hoch und wild der Nock.

Geschichte heute


Seine Geschichte sieht man dem Hof an, sie umgibt ihn, so, wie es die vielen Gemüsebeete und Felder tun. Der Finailhof wurde im 11. Jahrhundert erstmals erwähnt. Eine Sage erzählt vom Jahr 1416, als die Bauern des Hofes Herzog Friedrich IV („Friedl mit der leeren Tasche“), der auf der Flucht gewesen sein soll, Schutz geboten hätten. Der Herzog sei zu seiner Tarnung als Knecht mit dem Hüten der Schafe beschäftigt worden. Als Dank habe er den Bauern einen Becher geschenkt, der seither auf dem Finailhof aufbewahrt wird.

Heute leben und arbeiten am Hof die vier Generationen der Familie Gurschler. Und auch die Jüngsten packen schon mit an. Zwischen den Krautköpfen im Garten steht ein kleines Mädchen in Gummistiefeln und mit blonden Zöpfen. Sie fährt sich mit dem Ärmel über die Nase, dann winkt sie uns zu.

Das Familienteam

Die Stubentür öffnet sich. Ein zotteliger Gamsbock an der Wand, mit besonders langem Bart, begrüßt einen als erstes. Ein Schritt über den knarzenden Dielenboden und man blickt in zwei Stuben, eine zur Rechten, eine zur Linken, die eine in hellem Zirmholz, die andere in Jägergrün, bemalt mit Feldergetäfel und verziert mit Trophäengetier.

Erna und Veronika tragen beide Rot und darüber den obligatorischen Schurz in Blau. Und ja, fast könnte man meinen, die beiden seien Geschwister, doch Erna ist Veronikas Schwiegermama. Sie lacht: „Die Bergluft konserviert. Und die Arbeit hält jung.“

Erna und ihr Mann Gottfried leben und arbeiten am Hof, gemeinsam mit Sohn Manfred und seiner Veronika, der jungen Familie, die im Januar diesen Jahres wieder Zuwachs bekommen hat. Nun sind es 4 Kinder am Finailhof. Uroma und Uropa leben im Haus nebenan. „Mithelfen tun alle Familienmitglieder, egal welchen Alters“, sagt Veronika. Durch das Fenster sehen wir das kleine Mädchen von vorhin mit einem ebenso kleinen Rechen in den Beeten kratzen. Eine Katze folgt ihr auf Schritt und Tritt.

Hobby Hofarbeit?

Zwischen Gastronomie, Land- und Viehwirtschaft geht die Arbeit am Finailhof gewiss nicht aus. „Hier am Hof bauen wir Gemüse und alles das selbst an, was wir brauchen oder unseren Gästen auftischen. Außerdem sorgen wir für über 300 Schnalser Schafe, 150 Bergziegen, knapp 40 Rinder und einige Hängebauchschweine. So ist es für uns existenziell, dass jeder seinen eigenen Verantwortungsbereich hat. Aber gleichzeitig muss auch jeder bereit sein, für den anderen einzuspringen.“ 365 Tage im Jahr, denn Ruhetag gibt‘s am Finailhof keinen. „Der nächste Gastbetrieb liegt hier nicht gerade um die Ecke, wir können unsere Gäste doch nicht vor der Tür stehen lassen. Bei uns bekommt jeder zu jeder Zeit was Warmes serviert!“, erklärt Erna.

Das, was im Finailhof auf der Karte steht, stammt auch vom Finailhof: Von den Eiern über Milch und Fleisch bis hin zu den Kartoffeln, dem Salat und dem Kraut. „Wir kaufen eigentlich nur das Mehl.“ Und selbst das wurde früher am Hof erzeugt: Der Finailhof war lange Zeit der höchste Kornhof Europas.

So viele Familienmitglieder, vier Generationen, die nicht nur zusammen leben, sondern auch zusammen arbeiten. Wie so etwas geht, frage ich mich. „Wenn olle zu tian hobn geats.“ Respekt sei grundlegend. Und das gewisse Maß an Privatsphäre, an Zeit, für sich.
Auf die Frage, was man am Finailhof in seiner Freizeit mache, muss Veronika nicht überlegen: „Freizeit ist hier sehr knapp bemessen. Die Hofarbeit nimmt eigentlich kein Ende. Aber wenn man die Arbeit mag, dann ist das auch in Ordnung so.“

Es ist gut, wie es ist

Ich überlege mir kurz, wie es wäre, mein Büro- gegen das Hofleben zu tauschen. „Der Tag beginnt um 05.00 Uhr früh und abends geht‘s halt so lange, wie es eben geht.“ Nein, 05.00 Uhr ist nichts für mich.

Was Erna am liebsten macht, möchte ich noch wissen. „Alles mag ich, es gehört alles dazu: Es isch schun guat, wie‘s isch.“ Man kenne das noch von früher, da habe man am Hof gearbeitet und sich auch nicht die Frage gestellt, ob man etwas gerne tue oder nicht. Was zu tun ist, ist einfach zu tun.

Das Paradies ist Ansichtssache

„Wenn die Gäste kommen, sagen sie nur allzu oft: ‚Sie leben hier im Paradies!‘“ Erna lächelt. „Man selbst empfindet das Paradies zwar als recht arbeitsintensiv, aber dass es schön ist, das fällt einem auch nach etlichen Jahren noch auf. Wenn sich die Lärchen im Tal färben, hält man hier am Balkon öfters inne und staunt in die Berge hinaus. Es sind diese ganz kurzen Momente, die einem viel geben – zwischendurch mal die Augen schließen, das Gesicht in die Sonne halten. Im Jetzt sein und ein bisschen Bergluft atmen. Das ist doch Luxus, oder? Paradies … ja … weil es meine Heimat ist.“
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