Der Steinzeit auf der Spur – im archeoParc

Der Steinzeit auf der Spur – im archeoParc

Museumsleiterin Johanna Niederkofler über Fragen, die tief bis in die Steinzeit schürfen. Im Jahr 2001, 10 Jahre nach dem Fund einer nahezu vollständig konservierten Mumie, öffnet der archeoParc in Unser Frau seine Tore. Ein archäologisches Freilichtmuseum rund um das Leben eines Mannes, der viele Namen trägt und noch mehr Spekulationen anregt.

Ötzi, Iceman oder der Mann vom Hauslabjoch heißt er: jener Mann aus der Steinzeit, der dank optimaler Umweltbedingungen perfekt konserviert aufgefunden wurde.

In einer Felsmulde ruhend, war „Ötzi“ weder starkem Schneegewicht noch den Bewegungen des Gletschers ausgesetzt. Bei Kälte und Wind trocknete sein Körper unter der Schneedecke aus, und so blieben nahezu alle organischen und anorganischen Materialien erhalten – die perfekte Mumie. Dieser Fund und das Mysterium rund um seinen Tod hat nicht nur die Wissenschaft beflügelt, sondern auch die Phantasie vieler Geschichtsinteressierter. 1992, ein Jahr nach der Entdeckung, gab es bereits die erste spekulative Ausstellung zum Leben und Sterben dieses Mannes: eine Zusammenarbeit zwischen dem Ötztal, dem österreichischen Vent und dem Schnalstal. Sieben Jahre nach dem Fund wird das Archäologiemuseum in Bozen eröffnet, kurz darauf der archeoParc im Schnalstal. Seit 2007 leitet Johanna Niederkofler nun das Freilichtmuseum samt Besucherzentrum und pflegt eine enge Zusammenarbeit mit ihrem Vermittlungsteam.

Mit den Händen denken

Wie funktionierte die Kommunikation in der Steinzeit und wie kann steinzeitliches Wissen in der Gegenwart erfahrbar gemacht werden? Damit beschäftigt sich das gesamte Aktivmuseum, vom Ausstellungsdesign bis hin zu den unzähligen Erlebnisstationen. „Es ist gut, mit den Händen zu denken“, sinniert Johanna Niederkofler. „Dabei finden andere, profundere Lernprozesse im Gehirn statt.“
Im gesamten Ausstellungsgebäude des archeoParc und in den Workshop-Stationen im Außenbereich, den nachgebauten Steinzeithütten, dem Wasserkanal zum Einbaumkanufahren, den Feuerstellen und Brotbacköfen wird dieser Vision nachgegangen. „Wir möchten unsere Besucher selbst befähigen, die Überlebenstechniken der Steinzeit zu erproben, sie sozusagen in einen neolithischen Modus versetzen. Materialien, Techniken, Herausforderungen be-greifen und mit den eigenen Händen und dem eigenen Denken das Leben der Steinzeit tiefer verstehen lernen“, so die passionierte Wissensvermittlerin.

Geschichte anders denken – auch die Leerstellen

Das ist Johanna Niederkofler ein besonderes Anliegen: „Wir sollten damit aufhören, uns einen primitiven Menschen vorzustellen! Denn trotz der vielen neuen Erkenntnisse, die Ötzi uns verschafft hat, bleiben uns immer noch mehr Fragen als Antworten an die Vergangenheit.“ Haben die Steinzeitmenschen gesprochen? Falls ja, wie? Ötzi trug Feuersteine aus der Veroneser Gegend bei sich. Wie kamen diese zu ihm? Gab es also bereits ein Handelssystem, mithilfe dessen so wertvolle Rohstoffe über große Strecken transportiert werden konnten? Wie fand der zwischenmenschliche Austausch statt, wie weit ging Ötzis Kontaktradius und welche Währung wurde verwendet? „Wir sollten akzeptieren, dass wir mit sehr vielen Wissenslücken leben, um die wir Geschichte schreiben und zum Teil erfinden!“, so die Museumsleiterin, die selbst klassische Archäologie und Kunstgeschichte studiert hat.

Vermitteln und Lernen – im Team und allein

Information, Spekulation, Erlebnis. Im archeoParc finden sich unterschiedliche Zugänge zur Vergangenheit und dadurch auch zur Gegenwart. Für die Kleinen und die Erwachsenen, für Kurzbesucher und für die Steinzeithungrigen, die noch mehr lernen, wissen, verstehen möchten. Mit spannender Information werden die Besucher ganz entspannt abgeholt und können sich in rund zwei Stunden einen ersten Überblick verschaffen.
Wenn sie dabei jedoch neugierig werden, laden die Mitmach- und Erlebnisstationen ein, die eigenen motorischen und handwerklichen Fertigkeiten auf die Probe zu stellen: eine Herausforderung für Hand und Kopf. „Wenn von den kleinen und großen Besuchern dann in die Tiefe gehende Fragen kommen, merken wir, dass ein persönlicher Denkprozess begonnen hat und dass sie beginnen, sich wirklich mit der Materie auseinanderzusetzen!“, strahlt die Museumsleiterin. Wer sich auf die drei Parcours mit den vielen Besucherwerkstätten und Erlebnisstationen mit echter Passion einlässt, füllt damit locker einen ganzen Tag aus.

Ein Talisman als Erinnerung

Selbst gemachte Tonflöten, Ledertäschchen oder Specksteinschnitzereien. Was die Besucher in den Werkstätten bauen, schnitzen oder nähen, können sie natürlich stolz mit nach Hause nehmen. Auch im liebevoll sortierten Besuchershop finden sich kleine Steinzeitaccessoires und Glücksbringer. Aber als wertvollstes Geschenk nimmt man sich die ganz persönlichen Fragen und Erkenntnisse mit – als ein Geschenk fürs Leben.

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