Christian Zöschg
Der 1984 geborene Algunder sieht sich in seiner Körperarbeit mit Menschen aller Altersstufen als reiner Praktiker. Das bedeutet nicht, dass er sich nicht von philosophischen Grundsätzen leiten ließe. Er läuft mitunter barfuß, geht ab und an mit den Fuß-Vorderballen spazieren, badet auch im Winter in der Passer und ist davon überzeugt, dass wir angesichts begrenzter Ressourcen mit Bedacht wählen sollen, wie wir leben.


Sie laufen wirklich gerne barfuß. Warum eigentlich?

Barfußlaufen ist eine natürliche Möglichkeit, seinen Körper zu erden, ihn zu trainieren und sich natürlichen Reizen auszusetzen. Für mich ist es ein Freiheitsgefühl, das ich erhalte, wenn ich auf natürlichem Untergrund barfuß laufe. Ich trage auch Schuhe: Was für mich zählt, ist die gesunde Mischung, wie bei vielem. Die individuelle Dosis ist bei jedem Menschen anders.


Was schafft Körperarbeit in der Natur, was Innenräume nicht ermöglichen?

Jeder Mensch fühlt nach einer gewissen Zeit, die er in Innenräumen verbringt, das Bedürfnis, nach draußen zu gehen. Um einige Beispiele zu nennen: Da ist der Sauerstoff, die Farben, das In-die-Ferne-Sehen: All dies ist ein menschliches Bedürfnis. Den meisten Menschen tut die körperliche Betätigung in der Natur sehr gut. Und auch hier hängt das Verhältnis geschlossener Raum und Natur vom Einzelnen ab.


Godo, also die Gangart, mit dem Vorderfuß zuerst aufzutreten: Was genau ist das und welche Vorteile bringt es?

Godo ist die Erkenntnis, dass der Mensch ein natürlicher Vorfuß-Geher ist. Beim Treppensteigen (auf und abwärts) und Rückwärts gehen, beim Tanzen, beim Laufen, beim Seitwärts gehen, beim Gehen im Wasser macht das fast jeder von uns. Godo ist eine schreitende Form durch unsere Umgebung. Der Körper fühlt sich nach einer gewissen Zeit gelöster und entspannter an. Es ist für mich viel schöner, durchs Leben zu schreiten als zu marschieren. Wenn ich mich bewusst im Vorfußgang bewegen möchte, dann praktiziere ich das. Ansonsten eben nicht. Auch das ist Freiheit.


Was und wie praktizieren Sie?

Ich mache nichts lieber, als mich in jeder freien Minute mit Körper- und Atemarbeit zu befassen. Ich bin bei allem, was ich mit den Mitmenschen mache, mein eigenes "Versuchskaninchen" und fühle mich privilegiert, dass ich meine Leidenschaft mit anderen Menschen teilen darf und sie somit zu meinem Beruf geworden ist. Ich begleite Menschen jeder Altersstufe, auch Grundschulkinder, Menschen mit und ohne Erkrankungen, darunter sind Parkinson- und Herzpatienten. Es gilt das Motto, einen Weg zu finden, so gesund und schmerzfrei wie möglich zu altern. Und dabei ist weniger oft mehr.
Wie kamen Sie zu Ihrer heutigen Berufung?

Seit ich mich erinnern kann, begleitet mich die Leidenschaft, mich zu bewegen. In meiner Kindheit und Jugend war es noch Sport. Von der Sportbegrifflichkeit bin ich abgekommen. Für mich zählt die Freude, sich so vielseitig wie möglich zu bewegen – ohne den Wettbewerbsgedanken. Ich habe meinen Traumberuf gefunden. Daher gibt es in meinem Leben so gut wie nie Stress und ich bin meistens sehr entspannt


Was hat Sie am sportlichen Wettbewerb gestört?

Vor allem, dass viele der Sportlerinnen und Sportler bei einseitiger Belastung irgendwann körperliche Verschleißerkrankungen aufzeigen. Eine recht betagte Dame sagte vor kurzem: „Ich habe keine Probleme, die mein Leben beeinträchtigen. Weil ich nie Sport gemacht habe. Ich habe Gymnastik gemacht, habe geturnt und bin spazieren gegangen“.


Was ist für Sie das Schönste an Meran?

Egal, wo man sich gerade in Meran aufhält: In einigen Minuten ist man in der Natur. Ich liebe den Kontrast des niedlichen Städtchens mit mediterranem Klima und den rauen Bergen der Umgebung. Die Passer ist im Winter ideal für kalte Bäder und im Sommer eine schöne Erfrischung.
Besonders mag ich den Herbst, den Winter und die Frühlingszeit. Auch die vielen Farben in unserer Umgebung finde ich beeindruckend. Aber die Ruhe des Novembers in und um Meran genieße ich am meisten.


Und das weniger Anziehende?

Dass alles immer größer, immer mehr und immer toller sein muss. Bloß, weil Autos größer werden, mehr Pools in die Hotels kommen oder noch vier Skigebiete ausgebaut werden, heißt das nicht, dass das besser ist. Man könnte die Menschen erziehen und einen sanften Tourismus anstreben. Es gibt ja auch Gegenbeispiele. Wenn ein Hotel z.B. auf Fernseher verzichtet, weil die Gäste sich mit der umgebenden Natur auseinandersetzen können. Das ist doch mutig. Man muss ja nicht alles mitmachen, weil die anderen es haben. Wir leben in einer Welt mit begrenzten Ressourcen. Wir sollten mit Bedacht wählen, was wir tun und wie wir leben.
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