Miss Riesling
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News Wiedereröffnung Erlebnistherme Naturns: Freitag, 20.12.2024

Am Weingut herrscht reges Treiben, die Lese ist voll im Gange. Trotzdem nimmt sich Jungwinzerin Magdalena Pratzner für uns Zeit und erzählt wie sich eine Frau in der Männerdomäne Landwirtschaft schlägt, von den großen Herausforderungen der Zukunft und warum der Schraubverschluss zu Unrecht so verpönt ist.

Magdalena, womit soll der Weintrinker den Namen „Weingut Falkenstein“ verbinden?
Magdalena: Mit Qualität und einem starken Bezug zur Natur. Unsere Weine entstehen in erster Linie im Weinberg und sollen die Charakteristik des Bodens widerspiegeln. Im Keller greifen wir nur ein, wenn es wirklich nötig ist. Für uns ist Wein ein Naturprodukt, es soll auch dort draußen in der Natur entstehen. Am wichtigsten ist natürlich die Passion, ohne Leidenschaft kommt man nirgendwohin.

Apropos Leidenschaft – war es für dich schon immer klar, dass du in den Weinbau einsteigen wirst?
(lacht) Eher im Gegenteil. Unsere Eltern haben uns immer in den Betrieb miteinbezogen, wir durften z.B. schon immer mitverkosten. Gleichzeitig haben wir natürlich auch immer mitbekommen, wie viel und wie hart unsere Eltern ständig arbeiten mussten. Das hat mich abgeschreckt, das wollte ich so nicht. Ich habe zunächst die Handelsschule besucht und ein Studium der Politikwissenschaften begonnen, das sich als doch nicht so toll herausgestellt hat. Eine Freundin, die Lebensmitteltechnik studierte, hat mich dann zu einem Weinbau-Seminar überredet. Das Thema wurde so fesselnd behandelt, dass ich mich entschloss, das gesamte Weinbau-Studium auf der BOKU, der Universität für Bodenkultur in Wien, zu absolvieren. Mein Vater hat mich nie zum Weinbau gedrängt, weil für ihn die Passion zum Beruf der wichtigste Faktor für den Erfolg ist. Als ich daheim erzählte, dass ich ein Weinbau-Studium beginne, war die Freude dann natürlich groß (lächelt).

Dein Vater Franz Pratzner gilt als Riesling-Pionier und wurde sogar mit dem berühmten Weinpreis „Angelo Betti“ ausgezeichnet. Setzt dieses Erbe unter Druck oder gibt es Kraft?
Nein, Druck spüre ich keinen. Vielmehr verspüre ich Stolz auf das, was meine Eltern aufgebaut und erreicht haben, und darauf, dass sie mir vertrauen und vor allem zutrauen, dieses Erbe weiterzuführen. Was den Riesling betrifft, so hat mein Vater den Ausbau fast perfektioniert, da kann ich viel lernen und mitnehmen und da werden auch keine großen Experimente kommen. Bei allem anderen wird viel diskutiert, geredet und beraten. Das ist für mich natürlich ein Lernprozess und ich kann auf sein riesiges Wissen und seine Erfahrung zurückgreifen. Gleichzeitig respektiert er meine Entscheidungen. Die Landwirtschaft und auch der Weinbau sind nach
wie vor sehr männerdominiert und traditionell.

Wie erlebst du das als junge Frau?
Man begegnet mir eigentlich immer sehr offen und respektvoll. Es gibt stetig mehr Höfe, die von Töchtern übernommen werden – obwohl es immer noch ein geringer
Prozentsatz ist. Wir sind in diesem Bereich sicher noch sehr stark alpin-traditionell geprägt und eine Hoferbin wird immer noch eher als Ausnahmefall betrachtet. Im restlichen Italien hingegen, v.a. im Piemont oder in der Toskana, sind weibliche Betriebsleiter mittlerweile schon selbstverständlich und nichts Besonderes mehr. Da ist in Südtirol sicher noch Luft nach oben. Was viele nicht so gerne hören, ist, dass Frauen mittlerweile als bessere Verkoster gelten (lacht). Das weibliche Gehirn scheint affiner zu sein für Aromen, Geschmäcker und vor allem deren verschiedene Nuancen. Das kommt bei einer Verkostung natürlich zum Tragen, weil Frauen eine größere Bandbreite erschmecken.

Franz und Magdalena Pratzner: Mit Begeisterung setzen sie fort, was schon ihre Vorfahren bewegt hat.
Wo wir von Aromen sprechen: Der Südtiroler Wein hat sich vom Groben zum Feinen entwickelt. Was macht einen guten Winzer heute aus?
Ein guter Winzer darf nie mit sich zufrieden sein und muss immer Top-Qualität anstreben. Mittelmaß ist Zeitverschwendung. Man darf sich auch nie auf den bisherigen Erfolgen ausruhen, sonst haben irgendwann jene, die sich Mühe geben und hart arbeiten, einen Vorsprung, den man nicht mehr aufholen kann.

Was macht für dich den Südtiroler Weinbau besonders?
Was Südtirol einzigartig macht, sind die verschiedenen Mikroklimata und die unterschiedlichsten Böden auf so kleinem Raum. Das macht eine immense Sortenvielfalt möglich, wie ich sie in keinem anderen europäischen Weinbaugebiet erlebt habe.

Du hast neben deinem Studium in Österreich auf Weingütern in den USA, Australien, Frankreich und Italien gearbeitet. Was können Südtirols Winzer von ihren internationalen Kollegen lernen?
Wir könnten vor allem lernen, ein bisschen entspannter zu sein (lacht). Wir jammern manchmal über Dinge, für die z.B. italienische oder amerikanische Winzer nur ein müdes Schulterzucken übrighaben. Das würde uns auch manchmal gut tun. Ansonsten hoffe ich, dass wir in Südtirol eine Weinbautradition aufbauen können, wie es sie in anderen Gegenden Europas bereits gibt. Wichtig dafür wird sein, dass wir es schaffen, Tradition und Innovation gut miteinander zu verbinden. Viele Jungwinzer sammeln Erfahrungen im Ausland, das wird Südtirol sicher zugutekommen.

Vor welchen Herausforderungen der Zukunft steht deine Winzer-Generation?
Ich persönlich sehe zwei große Herausforderungen, die den Südtiroler Weinbau beschäftigen werden. Einmal wird es schwierig, die Qualität der Weine auch in Zukunft konstant so hoch zu halten. Südtirol hat sich in kürzester Zeit fast aus dem Nichts auf die Weinlandkarte katapultiert. Dieses Niveau weiterhin zuverlässig zu halten, wird aber vergleichsweise schwerer werden, als es aufgebaut zu haben. Die zweite Herausforderung wird der Klimawandel.

Werden sich die Rebsorten ändern?
Unter anderem. Wenn die Klimaprognosen auch nur annähernd so eintreffen, könnte ich zum Beispiel aktuell nicht sagen, ob es auf Falkenstein in 30 Jahren noch Riesling-Reben geben wird. Die Rebsorten werden sich auf alle Fälle verschieben, der Weinbau selber wird auch geografisch weiter in die Höhe klettern, vermutlich sogar bis auf 1.000 Höhenmeter. Durch die milden Winter werden sich Insekten viel stärker verbreiten und neben den aktuellen Schädlingen wandern auch neue Schädlinge ein, die bei uns oft keinen natürlichen Feind haben.

Immer mehr Winzer schwören auf den biologischen oder sogar biodynamischen Anbau. Ist das die Zukunft des Weinbaus oder wird nur ein aktueller Trend bedient?
Was viele nicht wissen, ist dass ungefähr 70 Prozent der Südtiroler Weingüter biologisch arbeiten und nur nicht zertifiziert sind, oft auch, weil man sich eine gewisse Flexibilität beim Eingriff gegen Schädlinge behalten will. Beim biologischen Anbau gibt es aber oft den Trugschluss, dass die Reben quasi nicht behandelt werden und einfach nur vor sich hinwachsen, was natürlich nicht stimmt. Im biologischen Anbau wird mindestens genau so oft Kupfer und Schwefel angewandt wie im konventionellen Anbau. Ich denke allerdings schon, dass sich in Zukunft vermehrt Weingüter auch offiziell zertifizieren lassen werden, weil sich in der Praxis für sie nichts ändert, die Nachfrage für Bio-Wein aber da ist. Aber ja, entweder man ist bio oder nicht, einen Mittelweg wird es hier nicht geben.

Kannst du dir vorstellen, aus Falkenstein ein biologisches Weingut zu machen? Wohin wird sich Falkenstein mit dir entwickeln?
Die Zertifizierung zum biologischen Weingut ist sicherlich eines der Themen, das ich in naher Zukunft angehen möchte. Im Keller werden wir vor allem an den Selektionen weiterfeilen und sie noch weiter verfeinern. Was die Größe des Weinguts betrifft, wird sich vermutlich nicht mehr viel ändern, da wir mit der aktuellen Fläche noch jeden Arbeitsschritt als Familienbetrieb bewältigen können.

Zum Schluss der Dauerbrenner bei Weintrinkern – Kork oder Schraubverschluss?
(lacht) Beim Weißwein unbedingt Schraubverschluss. Weißweine altern auch mit Schraubverschluss gut, erhalten dabei aber trotzdem eine tolle Frische, das macht sie erst richtig interessant. Bei Rotweinen ist es schon komplizierter. Will man die mit Schraubverschlüssen abfüllen, muss man den Ausbau im Vorfeld so steuern, dass die Tannine nicht zu bitter bleiben. Mit dem Kork baut sich das durch den Luftaustausch langsam ab, beim Schraubverschluss nicht oder zumindest viel langsamer. Kork ist aber auch schwierig: Er kann dem Wein unter Umständen die Aromatik entziehen, der schale Geschmack ist dann aber nicht immer eindeutig auf den Kork  zurückzuführen. Das ist ein Problem für die Gastronomie, den Sommelier und letztlich auch für uns Winzer. Wirklich guter Kork ist heute außerdem weltweit Mangelware und es wird vermutlich alleine schon deshalb immer mehr in Richtung Schraubverschluss gehen.
Der Falkenstein-Riesling gilt als einer der besten Rieslinge südlich der Alpen.
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